TETRA
(Terrestrial Trunked Radio)
Allgemeines
Leistungsmerkmale
Technik
Trunked Mode Operation (TMO)
Direct Mode Operation (DMO)
Endgeräte
Datenübertragung
Adressierung
Netzarchitektur
Gruppenbildung
Alarmierung
Sicherheit
Migration
Allgemeines
TETRA steht für Terrestrial Trunked Radio.
Die ursprüngliche Bezeichnung lautete Trans-European Trunked
Radio, da Tetra ein Standard des europäischen Telekommunikations-Standardisierungs-Instituts
ETSI ist. Der erste
Entwurf des Standards wurde 1995 publiziert. Da sich Tetra erfolgreich
am Weltmarkt etabliert hat, wurde die Bezeichnung geändert, um auch
außerhalb Europas das System erfolgreich vermarkten zu können.
Teilweise taucht auch die Bezeichnung TETRA 25 auf, die auf das 25-kHz-Kanalraster
hinweist.
Neben den deutschen BOS als zukünftige Nutzer ist Tetra bereits bei
zahlreichen Industriebetrieben und Nahverkehrsunternehmen im In- und Ausland
als Betriebsfunksystem im Einsatz. Auch die Bundeswehr zählt zu den
Tetra-Nutzern.
Da Tetra ein offener Standard ist, können Endgeräte, Leitstellen-
und Netztechnik von verschiedenen Anbietern ausgewählt werden (Multivendor).
Hier sind z.B. Motorola,
R&S Bick, T-Systems,
Thales, Sepura,
Frequentis sowie
diverse andere Anbieter zu nennen. Selbst Airbus/Cassidian,
ursprünglich Konkurrent mit dem firmeneigenen Tetrapol-Standard,
zählt zu den Tetra-Anbietern und hat auch das Kernnetz in der BRD
errichtet. Den Zuschlag für den Betrieb des deutschen BOS-Digitalfunknetzes
hat Alcatel Lucent erhalten.
Leistungsmerkmale
Tetra bietet folgende Leistungsmerkmale, die teilweise
über die Funktionalitäten von GSM hinausgehen:
- Einzelruf
(Direct Call)
- Gruppenkommunikation
- Kommunikation ohne Netz (Direct Mode, DMO)
- Notruf
- verschiedene Prioritäten
- Rückruf
- Kurzwahl
- Datenübertragung, auch mit Kanalbündelung
- Rufumleitung
- eindeutige Identifikation der Teilnehmer
- Abhörsicherheit durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Sperren von gestohlenen/verlorenen Funkgeräten
Technik
Tetra nutzt die Zeitmulitplextechnik TDMA
um pro Trägerkanal vier Gesprächskanäle (Zeitschlitze,
slots) unterzubringen. Der Kanalabstand zwischen den Trägerfrequenzen
beträgt 25 kHz. Gegenüber GSM besitzt
Tetra damit eine wesentlich höhere Frequenzökonomie, da der
Kanalabstand bei GSM 200 kHz beträgt. Neben dem Zeitmultiplex (TDMA)
findet auch Frequenzmultiplex (FDMA)
statt, indem jedem HF-Kanal eine Uplink- und eine Downlink-Frequenz zugewiesen
wird. Das Modulationsverfahren ist Differential Quarternary Phase
Shift Keying (Pi/4-DQPSK), eine Variante des Phase Shift Keying (PSK).
Die wesentlichen technischen Kennwerte sind in folgender Tabelle zusammengefasst:
Parameter |
Kennwert |
Zugriffsverfahren |
TDMA (4 Zeitschlitze
pro Träger) |
Modulation |
Pi/4 DQPSK |
Kanalraster |
25 kHz |
Duplexabstand |
10 MHz |
Rufaufbauzeit |
< 300 ms |
Leistungsklassen |
1, 3, 10 und
30 W |
Sprachcodec |
7,2 kbit/s (ACELP) |
Bitraten
|
ungeschützt:
7,2 / 14,4 / 21,6 / 28,8 kbit/s
geschützt: 4,8 / 9,6 / 14,4 / 19,2 kbit/s
hoch geschützt: 2,4 / 4,8 / 7,2 / 9,6 kbit/s |
Frequenzen
(BOS)
|
380...385 MHz
(Uplink)
390...395 MHz (Downlink) |
Frequenzen (zivil)
|
385...390 MHz
395...400 MHz
410...430 MHz
440...470 MHz
870...876 MHz
915...921 MHz |
Bei
einem Kanalabstand von 25 kHz resultieren jeweils 200 Trägerfrequenzen
für den Up- und Downlink. Diese 200 Trägerfrequenzen stehen
jedoch nicht vollumfänglich für TMO zur Verfügung. Da Anwendungen
wie DMO, mobile Basisstationen, Luftfahrtzellen, Testfrequenzen und Inhouse-Versorgung
auch bedient werden müssen, reduziert sich die Anzahl der Trägerfrequenzen
für den Netzbetrieb (TMO) auf ca. 150.
Die Brutto-Datenübertragungsrate beträgt stets 36 kbit/s pro
Trägerfrequenz, damit ergeben sich bei vier Zeitschlitzen jeweils
9 kbit/s (brutto). Neben den Nutzdaten werden jedoch auch zusätzliche
Steuerinformationen übertragen, so dass sich pro Zeitschlitz eine
Netto-Datenübertragungsrate von 7,2 kbit/s ergibt. Die Sprachsignalübertragung
erfolgt über einem speziellen Codec. Dieser komprimiert die Sprachinformation
in Datenpakete von 60 ms. Die komprimierten Pakete werden dann in einem
Zeitschlitz von 15 ms übertragen.
Für den Duplex-Betrieb (Gegensprechen) werden die Sprachinformationen
zeitlich so komprimiert, dass eine kontinuierliche Zweiwegekommunikation
über zwei versetzte Zeitschlitze auf der gleichen Frequenz möglich
ist. Parallel dazu kommt natürlich auch der im TMO übliche Frequenzmultiplex
zum Tragen, ein Tetra-Endgerät sendet auf der tieferen Frequenz (Uplink)
und empfängt auf der höheren Frequenz (Downlink) des Kanalpaares.
Die Notwendigkeit für einen Duplexer wird beim Endgerät dennoch
vermieden, eben durch den gerade erwähnten zeitlich Versatz der Zeitschlitze
für Sende- und Empfangsbetrieb.
Trunked
Mode Operation (TMO)
Der
Trunked Mode stellt Funkverbindungen zwischen zwei oder mehr Teilnehmern
unter Nutzung der Netzinfrastruktur her. Dies ist die Standardbetriebsart
eines Bündelfunknetzes und auch bei GSM. Im analogen BOS-Funk ist
dies mit der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Leitstelle über
ein Gleichwellenfunknetz vergleichbar. Grundlage für TMO ist das
Air Interface (AI) als Systemfunkschnittstelle. Das standardisierte
AI ist Grundlage für für die Kommunikation der Endgeräte
mit der festen Netzinfrastruktur.
Bei TMO werden zwei Betriebsarten unterschieden:
-
Direct Call; gezielter Gesprächsaufbau zu einem Teilnehmer.
Im Halb-Duplex (Wechselsprechen) wird diese Betriebsart als 'Einzelruf'
bezeichnet, im Voll-Duplex (Gegensprechen) als 'Zielruf' bzw. Telefonie.
Wegen des großen Ressourcenbedarfs dürfte der Zielruf aber
eher selten angewendet werden, bzw. die Anzahl der Teilnehmer, bei denen
diese Funktion freigeschaltet ist, dürfte eher gering sein.

-
Group Call (Gruppenruf (Halb-Duplex)), Ansprechen eines bestimmten
Teilnehmerkreises, der z.B. organisatorisch einem Einsatz zugeordnet ist.
Diese Art der Kommuniaktion wird im deutschen BOS-Digitalfunknetz am häufigsten
Verwendung finden (Zuteilung der Endgeräte zu statischen bzw. dynamischen
Rufgruppen).

Direct
Mode Operation (DMO)
Steht keine Netzinfrastruktur
zur Verfügung, ist auch zwischen zwei oder mehreren Funkgeräten
eine Kommunikation möglich. Dieses Verfahren wird als Direct Mode
bezeichnet. Im analogen BOS-Funk ist dies mit dem Einsatzstellenfunk über
2m-Handsprechfunkgeräte vergleichbar. Das Air Interface Direct
Mode Operation ist als Funkschnittstelle Grundlage für die direkte
Kommunikation zwischen Endgeräten ohne Zugriff auf das Netz. Um den
Funkverkehr über DMO zu organisieren, übernimmt das erste Funkgerät,
bei dem die Sprechtaste gedrückt wird, die Steuerung; es wird daher
als Master bezeichnet. Alle nachfolgenden Geräte tragen
dann die Bezeichnung Slave.
Das Master-Funkgerät darf jedoch keine Frequenzen nutzen, die vom
Funknetz verwendet werden, daher ist hier die Zuweisung gesonderter DMO-Frequenzen
erforderlich, die vorab in den Funkgeräten eingestellt werden müssen.
Bei DMO werden verschiedene Betriebsarten unterschieden:
-
Direct Call (Einzelruf im Halb-Duplex), siehe unter TMO. Ein
Zielruf (Voll-Duplex) ist bei DMO nicht möglich.

-
Group Call (Gruppenruf), wie bei TMO

-
Dual Watch; mit bestimmten Funkgeräten ist gleichzeitig
die Verbindung zum Funknetz (TMO) und die Kommunikation mit anderen Teilnehmern
über DMO möglich. Damit kann z.B. ein Einsatzleiter über
TMO mit der Leitstelle in Kontakt bleiben und gleichzeitig - netzunabhängig
- den Funkverkehr an der Einsatzstelle abwickeln (DMO). Dual Watch ist
nur möglich, wenn das Funkgerät über eine Antennenweiche
verfügt, die gleichzeitigen Funkverkehr in zwei verschiedenen Frequenzbereichen
ermöglicht.

-
Managed Direct Mode; netzunterstützte DMO-Kanalvergabe.
Vergleichbar mit der Freigabe zusätzlicher 2m-Kanäle auf Anfrage
bei der Leitstelle.
-
Direct Mode Repeater; der Repeater fungiert als Zwischenverstärker
zur Erhöhung der Reichweite; vergleichbar mit der analogen Relaisstellenschaltung
RS 1. Unterschieden werden Repeatertypen 1A und 1B. Typ 1A nutzt einen
DMO-Kanal mit zwei Zeitschlitzen (Master-Slot und Slave-Slot) für
Up- und Downlink. Die Variante 1B benötigt zwei DMO-Kanäle,
jeweils einen für die Verbindung zwischen Master und Repeater sowie
zwischen Repeater und Slave.

-
Gateway; über ein Gateway-Funkgerät ist z.B. eine Kommunikation
mit der Leitstelle von einem Punkt aus möglich, von dem es keine
TMO-Verbindung gibt. Vom Gebäudeinneren (keine TMO-Verbindung) ist
Kontakt zum Fahrzeug (DMO) mit Gateway-Funkgerät möglich, welches
den Kontakt zur Leitstelle über TMO herstellt. In der analogen Technik
ist dies mit einer Überleiteinrichtung (ÜLE) vergleichbar.

-
Direct Mode Repeater/Gateway; Funktionen Repeater und Gateway
in einem Funkgerät vereint.
-
Managed Direct Mode Repeater/Gateway; wie vor, DMO-Kanalvergabe
durch das Netz
Endgeräte
Hier ein paar Beispiele für TETRA-Endgeräte
(HRT) von EADS und Sepura:
_ _
Links
ein THR 880i von EADS
(im linken Bild im DMO-Betrieb), rechts ein SRH3500s von Sepura;
auch mit Ladestation.
_
Links ein STP8000 von Sepura
mit reduziertem Tastenfeld (Prototyp FHRT), in der Mitte die
Standardausführung STP8000, rechts ein FT4 PS von Funkwerk.
Auf dem rechten Bild das
STP8000 in der Ladestation; die orangefarbene Notruftaste auf der Oberseite
ist hier gut erkennbar.
Datenübertragung
Für die Datenübertragung ist die Bündelung
von bis zu vier Zeitschlitzen (Multislot Packet Data) möglich; dies
ermöglicht Datenraten bis zu 28,8 kbit/s. Für die Datenübertragung
gibt es eine Vielzahl von Anwendungen, die z.T. auch schon serienreif
sind:
- Short
Data Service (SDS); Übertragung von Statusmeldungen ("FMS")
und Kurznachrichten (vergleichbar mit SMS bei GSM)
- Atemschutzüberwachung (in Verbindung mit einer entsprechenden Schnittstelle
am Pressluftatmer)
- Online-Barcodeerfassung (für BOS weniger relevant)
Da
der Tetra-Standard in den 90er Jahren definiert wurde, sind die erreichbaren
Datenraten im Vergleich zu anderen mobilen Anwendungen (GPRS,
EDGE, UMTS, LTE und WLAN) bereits überholt.
Adressierung
Jedes Tetra-Endgerät besitzt eine oder mehrere TSI
(Tetra Subscriber Identitiy; vergleichbar mit der IMSI
bei GSM). Die TSI besteht aus einem 48-bit-Code, wobei jedem Endgerät
eine einmalige TSI zugewiesen ist, die es im Netz unverwechselbar macht.
Unterschieden werden weiterhin ITSI (Individual Tetra Subscriber Identity)
und GTSI (Group Tetra Subscriber Identity), welche dem Tetra-Funkgerät
eine Gruppen- und Individualrufmöglichkeit zuordnen. Die TSI ist
- ebenfalls analog zur IMSI - in drei Bereiche eingeteilt; Mobile
Country Code (MCC), Mobile Network Code (MNC) und Short
Subscriber Identity (SSI).

Der MCC besteht aus 10 Bit und dient zur Identifikation des Herkunftslandes.
Der MNC besteht aus 14 Bit und kennzeichnet die Netze innerhalb eines
Landes. Die SSI kennzeichnet Teilnehmer und Systembestandteile innerhalb
eines Netzes; sie besteht aus 24 Bit und wird in weiter unterteilt: Die
Individual Short Subscriber Identity (ISSI) dient zur eindeutigen
Kennzeichnug eines Endgeräts, die Group Short Subrscriber Identity
(GSSI) kennzeichnet eine Gesprächsgruppe innerhalb des Funknetzes
(Gruppenbildung, s.u.). Die Alias Short Subscriber Identity (ASSI)
wird für die Adressierung fremder Teilnehmer verwendet. Ebenfalls
in die SSI integriert sind die Tetra-Systemadressen (hier mit
TS abgekürzt).
Neben
der ISSI bzw. ITSI spielt unter einsatztaktischen Gesichtspunkten die
Operativ-taktische Adresse (OPTA) eine wichtige Rolle.
Ähnlich wie beim Schema der FMS-Codierung, enthält auch die
OPTA die Kennungen für das Bundesland (zweistellig), die Organisation
(dreistellig), die Region (dreistellig), die eigentliche taktische Kennung
des Fahrzeugs (achtstellig) sowie weitere fünf Stellen für Zusatzinformation
(z.B. Unterscheidung Fahrzeug- und Handfunkgeräte). Im Gegensatz
zur FMS-Codierung kommen keine Hexadezimalzahlen zur Anwendung, sondern
es steht der komplette alphanumerische Zeichensatz zur Verfügung.
Netzarchitektur

schematische Darstellung
der Kommunikationswege zwischen Funkgerät(en) und Leitstelle
Innerhalb des Tetra-Netzes finden sich ähnliche Komponenten
wie im GSM-System, wobei allerdings
die Schnittstellen innerhalb der festen Netzinfrastruktur zwischen Basisstationen
(BS) und Vermittlungseinrichtungen Digital
Exchange for Tetra (DXT) nicht offen
standardisiert sind.
Die Tetra-Endgeräte (HRT, MRT und/oder FRT) sind über die Luftschnittstelle
mit der zuständigen BS verbunden. Mehrere BS innerhalb eines regionalen
Suchkreises werden durch eine DXT (auch DXTip genannt) angebunden, wobei
die Anbindung als Leitungsring ausgeführt ist. Beide Ringenden terminieren
auf zwei verschiedenen DXT, so dass bei einer Leitungsstörung zumindest
noch ein Anbindungsweg zur Verfügung steht.
Die DXT sind untereinander über die Transit-Vermittlungsebene (Digital
Exchange for Tetra Transit Type, DXTT) vernetzt. Im Digitalfunknetz
der BRD dienen vier DXTT und 64 DXT als Vermittlungsebene. Von den 64
DXT sind 62 für den regulären Betrieb vorgesehen, zwei dienen
aus Ausfallreserve (Not-DXT).
Die Anbindung der Leitstellen (incl. deren Kryptoserver; s.u.) erfolgt
über drei Schnittstellen an die DXT:
LS1 zur Übertragung der Ende-zu-Ende-verschlüsselten
Sprachinformation; E1-Verbindung (2 Mbit/s)
LS2 für Steuerinformationen, Systemadressen (ISSI)
und SDS (IP-basierte Verbindung)
LS3 für Netzmonitoring und Datenübertragung
(IP-basiert)
Die Schnittstellen LS2 und LS3 werden über den Tetra Connectivity
Server (TCS) an den DXT bereitgestellt. Neben der Möglichkeit,
eine Leitstelle mittels der o.g. Schnittstellen und Leitungen (E1 und
IP) unmittelbar an eine DXT anzuschalten, gibt es auch andere Anbindungsvarianten,
z.B. die Nutzung von 'Konzentratoren' zur Bündelung von Schnittstellen
und Vorverlagerung des Kryptoservers bis hin zur Schaffung einer einheitlichen
Schnittstelle ("Digitalfunkstecker"), so dass Leitstellensysteme
verschiedener Hersteller angebunden werden können. Die Bundesländer
haben hierzu unterschiedliche Anbindungskonzepte entwickelt, die u.a.
von der Landesgröße (Stadtstaat vs. Flächenland), den
organisatorischen Strukturen bei Polizei und Brandschutz/Rettungsdienst
sowie den technischen Voraussetzungen (vorhandene Leitstellenhard- und
software) abhängig sind.
Gruppenbildung
Wesentliches Merkmal von Tetra ist die Nutzung von Funkgruppen,
die einsatzbezogen miteinander kommunizieren können. Dadurch können
parallel mehrere Einsätze laufen, deren Kommunikation unabhängig
voneinander stattfindet. Auch Funkgespräche unterschiedlicher Nutzer
(z.B. Polizei, Feuerwehr) beeinflussen sich dadurch nicht. Bisher war
dies lediglich durch unterschiedliche Betriebskanäle realisiert.
Die Zuweisung durch eines Endgerätes/Fahrzeuges erfolgt durch die
Leitstelle. Alle Fahrzeuge/Einheiten, die an einer Einsatzstelle tätig
sind, werden einer vordefinierten Gruppe zugewiesen. Für weitere,
parallele Einsätze können weitere Funkgruppen genutzt werden.
Fahrzeuge ohne Einsatzzuweisung verbleiben auf der Betriebsgruppe ("allgemeiner
Kanal").
Statische Gruppen sind fest im Netz eingerichtet und
in den Funkgeräten, die diese Gruppen nutzen dürfen, hinterlegt
(Fleetmapping). Hierbei gibt es eine grundsätzliche Trennung von
polizeilichen Gruppen, nicht-polizeilichen Gruppen (Brand- und Katastrophenschutz,
Rettungsdienst) sowie Zusammenarbeitsgruppen / Anrufgruppen, die eine
Schnittmenge beider Bereiche darstellen.
Dynamische Gruppen werden bei Bedarf erzeugt (durch die
Autorisierte Stellen) und die hierfür vorgesehenen Funkgeräte
zur Nutzung berechtigt. Ein Anwendungsfall dynamischer Gruppenbildung
sind planbare, größere Einsätze, bei denen einen Vielzahl
von Kräften (örtlich und überörtlich) miteinander
auf einen begrenzten Gebiet (Einsatzraum) kommunizieren soll. Dynamische
Gruppen können mit einem "Verfalldatum" versehen werden,
so dass sich diese z.B. einige Stunden nach Einsatzende von selbst im
Netz und aus den Funkgeräten löschen.
Alarmierung
Achtung: Tetra-Alarmierung bitte nicht mit POCSAG-Alarmierung
verwechseln; letztere findet auf den analogen 2m-Kanälen statt und
ermöglicht die Übertragung von Textnachrichten zu Digitalen
Meldeempfängern (DME) und daher auch als "Digitale Alarmierung"
bezeichnet. Dies hat jedoch nichts mit Tetra zu tun!
Auf der CeBIT 2006 wurde
von Oelmann
Elektronik erstmals ein Tetra-Meldeempfänger vorgestellt. Dieser
wurde weiterentwickelt und trägt jetzt die Typenbezeichnung Viper
(siehe Abbildung unten). Auch die Fa. TPL
hat einen Tetra-Meldeempfänger entwickelt, dieser trägt die
Bezeichnung Birdy. Auf der PMRExpo
2013 wurde von Airbus das Modell P8GR
("Pager") vorgestellt. Als Basis für den P8GR diente das
Handfunkgerät TH1n
("Thin"); dies ist u.a. daran erkennbar, dass TH1n und P8GR
den gleichen Akkutyp verwenden. Auf der PMRExpo 2016 stellte Motorola
ebenfalls einen Tetra-Pager vor, das Modell Advisor
TPG2200.
Die Alarmauslösung ist sowohl über die Gruppenrufadresse (GSSI),
über die GSSI mit Subadresse(n) und auch als Einzelalarmierung mittels
ISSI möglich. Zusätzlich zur Alarmierung ist auch der Versand
von Text-SDS zu Informationszwecken möglich. Als Rückfallebene
können die P8GR auch über DMO angesteuert werden. Detailinformationen
zur Tetra-Alarmierung u.a. hier:
Technik
und Einführung.
Die Tetra-Meldeempfänger unterstützen passives und aktives Paging,
d.h. über den aktiven Modus ist eine Rückmeldung möglich,
ob die Einsatzkraft tatsächlich zur Verfügung steht. Somit kann
die Leitstelle ggf. unverzüglich weitere Kräfte alarmieren.
Das passive Paging (kein Sendebetrieb) ist mit den herkömmlichen
analogen und digitalen Meldeempfängern vergleichbar.

Tetra-Meldeempfänger
P8GR mit Alarmtext

Größenvergleich Oelmann Tetra-Meldeempfänger Viper (links)
mit analogen Meldeempfängern von Swissphone
Sicherheit
Die mangelnde Abhörsicherheit des analogen BOS-Funknetzes
war und ist eines der wesentlichen Argumente für die Einführung
der Digitalfunktechnik bei den BOS. Der Tetra-Standard sieht nur für
die Luftschnittstelle, d.h. den hochfrequenten Teil der Sprach- und Datenübertragung,
eine Verschlüsselung vor. Die Luftschnittstellenverschlüsselung
trägt die Bezeichnung Tetra Encryption Algorithm (TEA);
im deutschen BOS-Digitalfunknetz kommt die Version TEA2 mittels statischer
Schlüssel (Static Cipher Key, SCK) zur Anwendung. TEA1 ist
für gewerblich-industrielle Tetra-Nutzung vorgesehen.
Zum Einbuchen ins Funknetz werden die Informationen zur Geräteidentitiät
ebenfalls verschlüsselt (Authentication Key; K-Schlüssel).
Um ein Abhören der Kommunikation im Festnetz zu unterbinden, werden
alle Gespräche im Digitalfunknetz Ende-zu-Ende-verschlüsselt
übertragen. Leitstellenseitig ist das Digitalfunk-Gateway ("Kryptoserver")
mit Mehrkanal-Kryptokomponente (MKK) das Endgerät im Sinne der Verschlüsselung.
Die zur Kommunikation notwendigen Schlüssel werden von der Kryptovariablen-Managementstation
(KVMS) bereitgestellt, einem gesonderten Rechner in räumlicher Nähe
des Kryptoservers, der über eine ISDN-Wählverbindung aktuelle
Schlüssel beim Trustcenter (TC) des BSI herunterladen kann. Der Schlüssel
für das Endgerät ist auf der BSI-Sicherheitskarte gespeichert,
wobei immer nur der jeweils aktive Schlüssel abgelegt ist. Mit Hilfe
abhanden gekommener oder gestohlener Karten ist keine Rekonstruktion früherer
Schlüssel o.ä. möglich.
In allen Fragen der Kryptierierung arbeiten die BDBOS und die Bundeslänger
eng mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnk (BSI)
zusammen, welches als Auftragnehmer der BDBOS die Schlüsselalgorithmen
und deren Verwaltung spezifiziert hat.
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BOS-Sicherheitskarte,
Vorder- und Rückseite (uncodierte Musterkarte)
Durch die TSI ist eine eindeutige Identifikation
jedes Endgerätes möglich. Ein Ändern oder Löschen
der TSI des Tetra-Funkgeräts ist nicht möglich, da diese fest
im Gerät gespeichert ist. Gestohlene oder abhanden gekommene Geräte
sind daher für unbefugte Benutzer wertlos. Mit einer ungültigen
oder gesperrten TSI ist kein Zugriff auf das Tetra-Netz möglich;
damit ist auch das Beeinträchtigen des Funkverkehrs durch Absetzen
falscher Meldungen o.ä. nicht möglich.
Migration
Die Übergangsphase von der analogen zur digitalen
Technik wird als Migration bezeichnet. Mit Installation der digitalen
Funktechnik bei den Leitstellen muss diese als "Vermittler"
zwischen analogem und digitalem Funk fungieren und ggf. auch digitale
Funkgruppen mit analogen Kanälen temporär koppeln. Die aktuell
am Markt erhältlichen Abfrage- und Vermittlungseinrichtungen ermöglichen
die Anschaltung analoger und digitaler Funkkanäle.
Für den Zeitraum des Parallelbetriebs haben verschiedene Firmen bereits
Lösungen entwickelt, damit ein reibungsloser Übergang möglich
ist. So bietet z.B. die Firmen Carls
und Radiodata Kombinationsbedienteile
für analoge Funkgeräte (z.B. FuG 8b) und Tetra-Geräte an.
Ebenfalls im Portfolio befindet sich ein Tetra-FMS-Switch, welcher der
Leitstelle die herkömmlichen FMS-Meldungen in die Tetra-Technik umsetzt.
Auch Antennenkoppler und Kombiantennen für Analogfunk (2m/4m) und
Tetra haben die einschlägigen Firmen im Programm.
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